Gemeinde Grainet > Geschichte Dörfer


Fürholz – der älteste Ort der Gemeinde
Fürholz verdankt sein Entstehen dem „Goldenen Steig“, dem bedeutendsten mittelalterlichen Saumweg Süddeutschlands. Dieser ‚Weg führte von Passau über Waldkirchen „durch den Wald“ nach Wallern und Prachatitz in Böhmen und diente zusammen mit seinen Nebenwegen vor allem dem Salzhandel. Dort, wo der Saumpfad aus dem altbesiedelten Gebiet des „Passauer Abteilandes“ in den großen Grenzwald hineinführte, entstand bereits im hohen Mittelalter als Rastort für die Säumer eine Straßensiedlung vor dem Wald, dem „Holz“: Fürholz.
Die alten Fürholzer lebten vor allem von Saumfahrt, Saumhandel und Säumerrast.
Seit dem späten Mittelalter war Fürholz ein Kreuzungsort wichtiger Wege. Neben der „Salzstraß“ nach Prachatitz führte von hier aus ein Weg über Rehberg nach Winklbrunn zur Winterberger Straße. Ein anderer, der „Haidweg“, als Fahrstraße über Vorderfreundorf und „die böhmische Heide“ nach Schönau und Wallern, Oberplan und Krummau in Böhmen. Ein Wartturm auf dem Tussetberg hat diesen alten Weg durchs Tal der Kalten Moldau gedeckt.
Fürholz war zu jener Zeit der größte Säumerort im Hochstift Passau, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts rund 40 Hausgesessene hatte. Gerade damals erlebte der Salzhandel auf dem Goldenen Steig seine größte Blütezeit: Durch Fürholz zogen wöchentlich bis zu 1200 Saumrösser, jedes mit drei Zentnern beladen.
Die Haupthandelsgüter nach Böhmen waren Salz und Südwaren, während Böhmen als „Gegenfassung“ vor allem Getreide lieferte.
Neben zwei Schmieden und einer Badstube gab es damals nicht weniger als 14 Schankwirte in Fürholz, bei denen auch die fremden Säumer einkehren und Herberge fanden.
Aber nicht von der „Saumfahrt“ nach Böhmen lebte der Ort, lebten die Säumer, die Wirte und die Schmiede, auch Viehhaltung und Waldweidewirtschaft betreiben die Fürholzer, die in der ältesten Zeit ihr Vieh weit in die Wälder rund um den Haidelberg und bis an die böhmische Grenze trieben und entlang des Goldenen Steiges und es Haidweges zahlreiche „Raumreuter“ anlegten. Als dann in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts das Glashüttengut Hobelsberg und bald darauf die Dörfer Vorderfreundorf und Grainet eingebaut wurden, da gerieten die Fürholzer mit ihren neuen Nachbarn wegen „Behültzung und Plumbsuch“, wegen Holz- und Weidenutzung, in Streit.
Jahrhunderte lang war Fürholz der letzte Ort vor dem weiten Grenzwald, und Haus an Haus reihte sich beiderseits der Saumstraße. Überschaut man heute von der „Hochstraße“ aus das weite Tal von Fürholz, so gewahrt man deutlich die Grenzen der mittelalterlichen Besiedlung: Die Fürholzer Ortsgemarkung umschließt noch die alten unregelmäßigen Blockfluren, während Grainet, Rehberg und die beiden Seilberg ebenso wie das jenseits des Oberholzes gelegene Vorderfreundorf, die allesamt erst seit Mitte des 15. Jahrhundert entstanden sind, schon Steifenfluren (Waldhufen) besitzen. Eng schließen sich die Häuser in diesen jüngeren Bauerndörfern zusammen, jedes Gut sitzt auf seinem Flurstreifen, der vielfach noch von Steinmauern eingesäumt ist, die von harter Rodungsarbeit künden. Die Grundstücke waren nur schmal, zur Ackernahrung nicht ausreichend, weshalb später in weitem Umkreis zusätzliche Gründe gerodet und gewannartig aufgeteilt werden mussten. Auch Fürholz hat solche Nachrodungen erlebt, die nicht nur seine Ackerfläche, sondern auch die Häuserzahl vergrößerten.
Mit dem Ende des Salzhandels nach Böhmen war auch die große Zeit des Ortes vorbei. Die Fürholzer mussten sich jetzt um ihre Landwirtschaft und ihren übrigen Gewerben, der Leinweberei oder anderem Handwerk, der Arbeit im Wald oder im Handel im Abteiland und nach Passau zuwenden. Im Jahre 1750 wurde das Dorf, das bisher nach Waldkirchen eingepfarrt war, der neugegründeten Pfarrei Grainet zugewiesen. Im Sommer 1827 brannten 11 Häuser nieder.
Und wie ein Nachruf klingt, was Joseph Fisch 1857 über Fürholz schreibt:
„Man weiß sich noch vieles zu erzählen von den großen Vorrechten, welche die Fürholzer besessen haben sollen, so dass die Worte: Ich bin von Fürholz, einige Ähnlichkeit hatten mit jenen anderen des Alterthums: Civis Romanus sum. Einige meinen sogar, Fürholz sei früher eine Stadt gewesen. Zuverlässig war es in den Zeiten des Saumhandels ein sehr gewerbesamer und, wenn nebenbei auch häuslich war, wohlhabender Ort.
Zwischen 1670 – 1690 wurden in den Raumreuten „am Freindorfer Walt an dem Steig allwo man auf die Haide gehet“ neue Häuser gebaut, es entstanden die Siedlungen Hinterfreundorf und Gschwendet. 1827 hatte Schwendt (Gschwendet) 10 Einwohner, die in zwei Häusern wohnten. Jetzt wohnen in Gschwendet 45 Einwohner. Sehenswürdigkeit Überreste (Erdwall) der „Großen Schanze“ in Gschwendet, 1619 von Fürstbischof Leopold erbaut. Sie nennt man fälschlicherweise auch Schwendenschanze..
Hobelsberg. Im Volksmund auch „Hüttn“ genannt verdankt seine Entstehung der Glasmacherei. Namensgeber war der Glasmachermeister Andre Hobelsberger. Die geheimnisvolle Kunst des „Glasmachens“ war im bayerisch-böhmischen Grenzgebirge bereits im Mittelalter beheimatet. Hier, im größten zusammenhängenden Waldland Mitteleuropas waren die für die Glaserzeugung nötigen Rohstoffe und Hilfsmittel mehr als ausreichend vorhanden oder konnten unschwer gewonnen werden. Dies waren: Quarzsand, Holz, Holzasche und Kalk. Deshalb lockten die endlosen Wälder zwischen Lusen und Dreisessel frühzeitig Glasmeister und Glasmacher an. Mit Erlaubnis der Grundherrschaft schlugen sie ihre einfachen Wanderglashütten auf. „Wanderbetriebe“, die immer wieder dem Wald nachzogen, wenn im Umkreis der Hütte das Holz verbraucht war. Die Quarzschürfer, Pochermänner, Aschenbrenner, Flusssieder und Scheiterhacker an den alten Glashütten besorgten die Rohstoffe für die Herstellung von Glas. In mühevoller Arbeit musste der Schmelzer diese Rohstoffe aufbereiten und zum „Gemenge“ mischen. Aus jahrhunderte langer Erfahrung war bekannt, dass aus der erhitzten Mischung, dem „Gemenge“ (Quarzsand, Pottasche und Kalk), Glas geschmolzen werden konnte. Der Quarz wurde vom „Pfahl“ oder „Sandhäuser“ geholt und diente als „Glasbildner“, die Pottasche diente als „Flussmittel“, das die Schmelztemperatur von 1730 auf 1300 Grad senkt, der Kalk machte das Glas hart („Glaswandler“). In den Waldglashütten wurden Trinkgläser, Butzenscheiben und Bettl (Rosenkranzperlen) hergestellt.
Heute stehen in Hobelsberg ein Wander & Wellnesshotel, ein Bergdorf mit Luxus Chalets und Ferienwohnungen mit 138 Betten. Durch das Baugebiet ist die Bevölkerung rasch auf 203 Einwohner angewachsen.
Kronwinkel. Die kleine Ortschaft Kronwinkel (37 Einwohner) wurde im Mittelalter gegründet. In der Dorfmitte steht die 1991 erbaute Kapelle zu Ehren des Heiligen Sebastian.



Unterseilberg. Diese Ortschaft mit 96 Einwohner liegt malerisch im sogenannten „Graineter Kessel“. Schon Kooperator Joseph Frisch aus Grainet schreibt 1853 in seinen Aufzeichnungen: „Wer vom Himmel fällt, soll auf Unterseilberg fallen“, gewiss ein Beweis für die fruchtbare und sonnige Dorflage. Mit der 1766 erbauten Kapelle besitzt die Ortschaft ein echtes Kleinod. Dieses Dorf mit seinen schönen Bauernhöfen wurde 1991 beim Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ mit einer Goldmedaille auf Landesebene ausgezeichnet.
Urlaub auf dem Bauerhof wird in Unterseilberg groß geschrieben. Auf einem Reiter- und zwei Bauernhöfen werden 28 Betten in Ferienwohnungen angeboten.
Vorderfreundorf. In einer Urkunde aus dem Jahre 1486 wird der Ort erstmals in Zusammenhang mit Streitigkeiten um Wiesenwässerung und Weidebenutzung mit der älteren Siedlung Exenbach erwähnt. Die Landwirtschaft (Weidewirtschaft) und die Arbeit in den Glashütten – Hobelsberg und Duschlberg – war die Lebensgrundlage für die junge Siedlung „Freindorf“. Bis zur böhmischen Grenze (im Norden) und der rannariedlischen-österreichischen Grenze (im Osten) reichte damals das Wald- und Weideland der viehreichen Freindorfer Bauern. Schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts besaßen sie das Weiderecht auf der „großen Haid“ an der böhmischen Grenze. Um 1550 zählte Vorderfreundorf 14 Häuser.
Der „Haidweg“ erlangte beim Einmarsch des kaiserlichen Kriegvolkes nach Südböhmen in den ersten Jahren des Dreißigjährigen Krieges besondere Bedeutung. Vorderfreundorf, welches mehrmals größere Truppenabteilungen beherbergen musste, litt unter diesem marodierenden Soldaten. Darauf lies Fürstbischof Leopold 1619 die „große Schanze“ in Gschwendet erbauen.
Im Jahre 1852 zählte man in Vorderfreundorf 23 Häuser mit 273 Einwohnern. Im Jahre 1900 280 Einwohner und im Jahre 1967 bereits 361 Einwohner und 73 Häuser. Seit 1840 hat die Gemeinde Vorderfreundorf eine Größe von 746 ha. Wenn die Gemeinde Vorderfreundorf in ihrem Wappen einen Trifthaken und ein Schälmesser führt, so hängt dies mit einer Betätigung der Einwohner zusammen, die sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte: die Holztrift.
Bis zur Eingemeindung nach Grainet, 1971 war Vorderfreundorf eine eigene Gemeinde. Mit ca. 450 Einwohnern ist Vorderfreundorf zur Zeit der drittgrößte Ort in der Gemeinde Grainet.